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16.07.2023: Vom Salkantay Trek ins Krankenhaus

Nach einigen Tagen in Cusco steht der Hauptgrund unseres Aufenthaltes hier kurz bevor: Der Besuch von Machu Picchu, der berühmten Inka-Stadt in den Anden. Neben der Anreise mit dem Zug gibt es nur eine andere Möglichkeit Agua Calientes, die Stadt am Fuße des Machu Picchu, zu erreichen, und die ist zu Fuß.

Insgesamt sechs Wanderwege führen mittlerweile in die Inka-Stadt bzw. nach Agua Calientes, wobei der bekannteste sicherlich der Inka-Trail ist. Wir persönlich entschieden uns allerdings für den Salkantay-Trek, zum einen da es möglich ist diesen auch ohne Guide zu wandern und zum anderen, weil er als einer der schönsten Wanderwege der Welt gilt.

Doch irgendwie war das Glück nicht auf unserer Seite: Erst war die Straße zum Trailhead gesperrt, dann unser Hostelzimmer vergeben, ich fand mich nach einem Sturz mit zerschnittenem Gesicht plötzlich zwei Tage in Cusco im Krankenhaus wieder und auch beim erneuten Versuch nach Agua Calientes zu gelangen, ging nicht alles glatt.

Ein Bericht über pechverfolgte Tage…

Tag 1: Salkantay Trek

Heute sollte mit dem Salkantay-Trek eines unserer Main Events in Peru beginnen, denn auf dem 74 Kilometer langen Trail wollten wir von Mollepata nach Aguas Calientes, dem Einfallstor zum Machu Picchu, wandern.

Weniger bekannt als sein berühmter Bruder, der Inka-Trail, haben wir uns für den Salkantay-Trek entschieden, da dieser auch ohne geführte Tour begangen werden kann. Dies ist einerseits besser, da wir lieber in unserem eigenen Tempo unterwegs sind und andererseits auch deutlich kostengünstiger, immerhin würde eine viertägige Tour auf dem Inka-Trail mit circa 600 USD pro Person zu Buche schlagen.

Anreise Cusco – Mollepata – Soraypampa und erster Ärger

Da die erste Etappe der Treks nicht besonders sehenswert sein soll, entschieden wir uns dafür so wie alle auf der zweiten Etappe in Soraypampa zu starten. Natürlich mussten wir dafür erstmal dorthin gelangen, was im Internet sehr einfach wirkte, in der Realität aber unerwartet sch… schwierig war.

Die erste Unannehmlichkeit war, dass wir gestern etwas in Zeitnot gerieten, da jemand (ich) die Abendessensplanung kurzfristig über den Haufen geworfen hatte. Dies wirkte sich insofern aus, dass wir viel später als geplant aßen, so dass wir viel zu spät mit dem Packen begannen und auch ins Bett gingen.

Die Folge davon wiederum war, dass wir erst sehr spät einschliefen und dann nur kurze Zeit später gegen 23.00 Uhr von unseren lebenslustigen, brasilianischen Nachbarn geweckt zu werden, als diese vom Abendessen zurückkehrten. Anschließend wollte sich der Schlaf ebenfalls für längere Zeit nicht wieder einstellen…

Nur wenige Stunden später riss uns der Wecker um 04.00 Uhr aus den Träumen und um 05.20 Uhr wurden wir von einem Taxi zu der Haltestelle, von welcher die Colectivos nach Mollepata abfahren, gebracht.

Dort angekommen, wurde uns allerdings mitgeteilt, dass die Busse derzeit aufgrund von Bauarbeiten erst um etwas 08.00 Uhr abfahren würden, da die Straße nur zu bestimmten Zeiten für den Verkehr geöffnet sei. Nach mehreren Wutaus- und Nervenzusammenbrüchen akzeptierten wir unser Schicksal und warteten in der morgendlichen Kälte von Cusco die 2.5 Stunden auf die Abfahrt.

Da Colectivos gewöhnlich erst abfahren, wenn so gut wie alle Sitzplätze belegt sind, waren wir froh, als sich um 08.20 Uhr dann glücklicherweise auch die notwendigen elf Mitreisenden gefunden hatten und unsere Reise zum Machu Picchu endlich beginnen konnte.

In den folgenden zweieinhalb Stunden Fahrt bis nach Mollepata wurde die Umgebung immer bergiger, was sehr gut aussah und uns auf die kommenden Tage einstimmte. Nachdem wir in dem kleinen Dorf angekommen waren, verteilten wir uns zusammen mit unseren Mitreisenden, die ebenfalls nach Soraypampa wollten, auf zwei Taxis und fuhren weiter.

Die Fahrt führte über eine eher holperige Piste, die an einer spektakulären Talwand entlang führte, wobei wir uns über diverse Serpentinen von 2.900 Metern in Mollepata auf 3.850 Meter in Soraypampa hinauf quäten.

Genau diese Strecke wäre auch die erste Tagesetappe auf dem Salkantay-Trek gewesen und wir waren froh, dass wir sie nicht gegangen waren. Einerseits war es so natürlich viel entspannter und schneller, aber andererseits gab es hier auch keinen Schatten und die Sonne brannte unerbittlich von oben herab.

Nach etwa eineinviertel Stunden erreichten wir Soraypampa, wo wir schnurstracks zu unserem Hostel, wo ich bereits vor über einem Monat per WhatsApp ein Doppelzimmer mit eigenem Bad und Dusche gebucht hatte, gingen. Wenn man schon mehrere Tage durch die Anden wandert, dann darf es ja auch ein wenig Luxus geben 😉

Leider schaute uns die Besitzerin absolut entgeistert an, als wir sie nach unserem Zimmer fragten. Ihr täte es unglaublich leid, aber bei den Reservierungen sei etwas durcheinander geraten, weswegen sie nun keine Zimmer mehr frei hätte.

Wir fielen aus allen Wolken: Wir waren 4 Stunden ins Nirgendwo gefahren, nur um dort festzustellen, dass die – laut Internet – einzige erschwingliche Übernachtungsmöglichkeit mit heißer Dusche nicht mehr vorhanden ist.

Die nächsten anderthalb Stunden verbrachten wir damit, der Frau immer wieder in wütendem Tonfall klarzumachen, dass wir ein Zimmer mit eigenem Bad reserviert hatten, da wir wirklich keine Lust auf Gemeinschaftsbad und -dusche hatten. Als Alternativen wurden uns nämlich ein Zelt mit Luftmatratzen bzw. ein anderes “Zimmer” ohne Bad, dass über 200 Meter von den Sanitäreinrichtung entfernt lag und sich offensichtlich noch im Bau befand, angeboten. Ihr könnt vielleicht nachvollziehen, dass wir auf beides keinen Wert legten.

Ihr tat die ganze Sache zwar sichtbar leid, jedoch waren wir nach der letzten Nacht und dem bisherigen Tag absolut nicht in großzügiger Laune, so dass wir ihr mehrfach sagten, dass wir uns für ihre Entschuldigungen nichts kaufen konnten. Zudem hatten wir mit Transport, Eintritten und einem nicht mehr stornierbaren Hostel am nächsten Tag bereits einiges an Geld investiert.

Letzten Endes lief es auf zwei mögliche Varianten hinaus: Entweder würden wir im Zelt schlafen und uns an den nicht besonderes sauberen Gemeinschafts-Sanitäreinrichtungen erfreuen, oder wir würden mit einem der Bussen für die Tagestouristen zurück nach Cusco fahren.

Wir hatten uns schon wir für die Rückfahrt entschieden, als der Mann der Besitzerin auf uns zu kam und uns sagte, dass er ein Ersatzzimmer für uns gefunden habe. Er brachte uns zu einer Anlage mit Bio Domes – Bungalowartige Zelte in Kuppelform – wo wir übernachten sollten. Wir waren damit einverstanden und hatten nun endlich eine Bleibe für die Nacht.

Wanderung zum Lago Humantay
6,02 km, 429 m, 429 m, 02:23 Std.

Da es mittlerweile bereits 14.00 Uhr war, machten wir uns schnell fertig und begannen unseren Aufstieg zum Lago Humantay, einem in der Nähe gelegenen Bergsee.

Gleich zu Beginn hatten wir einen richtig schönen Blick auf den Salkantay, der mit 6.721 Metern zwar deutlich kleiner ist, als die Giganten in Nepal, uns aufgrund seiner vergletscherten Form aber trotzdem an diese erinnerte.

Obwohl der Weg eigentlich one-way nur drei Kilometer mit 400 Höhenmetern lang war, machte er überdurchschnittlich und überraschend viel Mühe. Das lag vermutlich einerseits daran, dass wir bereits auf 3.800 Metern über dem Meeresspiegeln gestartet und der Weg recht steil, steinig und versandet war und zum anderen daran, dass die Sonne immer häufiger von Wolken verdeckt wurde, so dass der eisige Wind uns ordentlich frieren ließ.

Nach etwas über einer Stunde waren wir dann aber doch am See angelangt, der mit den im Hintergrund aufragenden Bergen wirklich sehr sehenswert war. Allerdings war es hier, obwohl die Massen an Tagestouristen bereits wieder auf dem Heimweg waren und es mittlerweile spät geworden war, noch immer ziemlich voll.

Wir machten nur eine kurze Rast, denn da die Sonne mittlerweile von den Bergen verdeckt war, war es nun, zusammen mit dem Wind, dauerhaft kalt. Aus diesem Grund beeilten wir uns beim Abstieg auch ziemlich und kamen bereits nach vierzig Minuten wieder in unserer Kuppel an.

Hier wurden wir – mal wieder negativ – überrascht, denn das Duschwasser war eiskalt, obwohl der Solarwassertank eigentlich den ganzen Tag in der Sonne gestanden hatte und daher aufgewärmt sein sollte. Wir waren absolut entgeistert, denn nach der Wanderung waren wir nicht nur ordentlich verschwitzt, sondern wir hatten uns auch komplett mit Sonnencreme und Insektenschutz eingeschmiert…

Als ich dies dem Besitzer sagte, meinte er, dass das Wasser eben kalt sei, wenn die Sonne weg wäre und er nichts machen könne. Großartig…

Etwas später nahm er mich jedoch zur Seite und fragte mich, ob ich Spanisch spräche. Nachdem ich dies bejahte, erklärte er mir, dass er eine Gasflasche anschließen könne, damit wir heißes Wasser hätten. Ich solle dies aber nicht laut sagen, da noch eine andere Gruppe hier sei, die auch nur kaltes Wasser habe und der er die Annehmlichkeit einer warmen Dusche scheinbar nicht gönnte…

Gesagt, getan, genossen wir eine Viertelstunde später unsere heiße Dusche, so dass sich nun alle Unannehmlichkeiten des Tages in Wohlgefallen aufgelöst hatten.

Um 19.00 Uhr gingen wir zum Abendessen in die erste Unterkunft zurück, wo wir den deutschen Studenten Sören trafen, der gerade ein Jahr in Lima studierte und mit dem wir uns nett unterhielten.

Danach waren wir so müde, dass wir uns gleich ins Bett legten, noch ein wenig Podcast hörten und anschließend sofort einschliefen.

Tag 2: Salkantay Trek
Soraypampa – Salkantay Pass – Colcapampa
20,75 km, 782 m, 1.758 m, 07:39 Std.

Da wir heute eine recht lange Etappe vor uns hatten, klingelte der Wecker bereits um kurz vor sechs. Wir dösten noch kurz, frühstückten, bereiteten unsere Sachen vor und machten uns um 07.15 Uhr auf den Weg.

Heute gingen wir das Tal entlang, dass uns direkt zum Salkantay führte, der, wie bereits gestern schon, absolut eindrucksvoll und großartig aussah.

Der Anstieg ging gut und bereits nach einer Stunde hatten wir das Hochmoor Salkantaypampa erreicht, wobei wir auf dem Weg schon einige stark schnaufende Wanderer überholt hatten.

Uns ging es zum Glück nicht so, was vermutlich daran lag, dass wir bereits seit über einem Jahr überdurchschnittlich viel zu Fuß und zusätzlich auch schon fast anderthalb Monate in großen Höhen unterwegs waren. So konnten wir dann auch die Umgebung und die Ausblicke viel besser genießen.

Nach weiteren anderthalb Stunden waren wir schließlich am Salkantay-Pass angelangt, der auf 4.640 Metern liegt und damit der höchsten Punkt des Treks ist. Hier war es recht voll, da mehrere geführte Gruppen bereits angekommen waren und ebenfalls die herrliche Aussicht genossen.

Wir machten eine kurze Pause mit Nuss-Mix und Riegeln und gingen nach etwa einer halben Stunde weiter, da der nun folgende Abstieg bis nach Colcapampa ebenfalls noch einige Stunden dauern würde.

Auf dem sandigen und mit Steinen verzierten Weg wanderten wir durch ein Tal abwärts, wobei die Berge sich nach und nach von steinig, verschneit und hochgebirgig zu grün und bewaldet wandelten.

Wir kamen zügig voran, als es passierte: Yasmin rutschte auf einem der herumliegenden Steine auf und fiel ungebremst nach vorne. Sie schrie laut auf und ich dachte zunächst, dass sie mit der Stirn auf einen Stein aufgeschlagen wäre, was jedoch nicht der Fall war.

Statt dessen hatte ein Stein ihr die Brille zerschlagen, die ihr das Gesicht zerschnitten hatte, zudem steckte ein Stück des Glases kurz unterhalb ihres linken Auges in der Wange, die stark blutete. Kein schöner Anblick.

Mit der Hilfe eines Guides entfernten wir das Glasstück, säuberten und versorgten die Wunde notdürftig und machten uns anschließend auf den weiteren Weg nach Colcapampa, da es hier keine Bergrettung gibt.

Etwas später trafen wir noch eine größere Gruppe von Wanderern, von denen einer glücklicherweise Desinfektionsspray dabei hatte, womit ich die Wunde noch einmal desinfizierte und danach erneut einen Druckverband anlegte.

Zum Glück konnte Yasmin noch gut laufen und war – abgesehen von der verminderten Sicht aufgrund des Verbandes – nicht eingeschränkt, denn die weiteren 10 Kilometer, die wir absolvieren mussten, hatten es in sich. Der Weg blieb sandig und steinig, teilweise steil und war nicht besonders gut zu gehen.

Davon abgesehen ging er die ganze Zeit ein Tal entlang, dass auch optisch nicht soviel zu bieten hatte.

Wir benötigten weitere dreieinhalb Stunden, die sich wie Kaugummi zogen, bis wir um 15.00 Uhr endlich Colcapampa erreichten, wo wir ein Zimmer in einem Hostel reserviert hatten.

Odyssee: Warten in Colcapampa – Arzt in Santa Teresa – Krankenhaus in Cusco

Dort angelangt, sagten wir dem Besitzer gleich, dass wir leider nicht übernachten könnten und zudem einen Transport nach Santa Teresa, die nächstgelegenen Stadt mit einem Arzt, benötigten. Er war sehr verständig und verbrachte die nächste Viertelstunde mit Telefonaten, informierte den Arzt und sagte uns anschließend, dass alles organisiert sei und das Taxi bald käme.

Leider heißt “bald” in Peru nicht dasselbe wie in Deutschland und so kam das Taxi erst um 16:40 Uhr, also über anderthalb Stunden später, an, wobei dies daran lag, dass der Wagen extra aus Santa Teresa kommen musste, was eben anderthalb Stunden dauert.

Schließlich gelangten wir dann doch in der Praxis an, wo eine Arzthelferin Yasmins Wunde professionell versorgte. Damit war die Odyssee jedoch noch nicht erledigt, denn sie legte uns dringlichst nahe, die Verletzung im Krankenhaus in Cusco untersuchen zu lassen, um Schäden am Auge auszuschließen.

Aus diesem Grund erschien weitere anderthalb Stunden später ein Krankenwagen, mit dem wir – Yasmin hinten auf einer Liege, ich vorne auf dem Beifahrersitz – nach Cusco zurück gebracht wurden. Mittlerweile war es 19.30 Uhr und wir beide waren nach dem langen und unerwartet adrenalinreichen Tag kaputt und müde.

Es half also nicht, dass die Strecke sehr kurvig war, der Fahrer unglaublich rasant fuhr und sie noch einmal viereinhalb Stunden dauerte. Durch die Fahrweise wurde es mir auf dem Vordersitz fast schon übel, da würde es Yasmin hinten sicher nicht besser gehen.

Um 00.00 Uhr und damit etwa 12 Stunden nach dem Unfall kamen wir im Krankenhaus an, wo sich eine Ärztin die Wunde noch einmal anschaute und sie erneut versorgt wurde. Da sie jedoch sehr nah am Auge war, sollte sie noch von einem Augenarzt und einem plastischen Chirurgen untersucht werden, von denen zu dieser Uhrzeit natürlich keiner im Haus war.

So wurde Yasmin auf ein Krankenzimmer verlegt, in dem sie die Nacht verbrachte. Ich fuhr zurück in unser Hotel, wo ich um kurz vor zwei noch kurz duschen konnte und anschließend erschöpft im Bett einschlief.

Tag 3: Warten auf Spezialisten

Um 07.30 Uhr erwachte ich total gerädert, konnte aber auch nicht wieder einschlafen und kurze Zeit später schrieb Yasmin dann auch schon per WhatsApp. Ihr ging es gut, jedoch war sie auch bereits schon seit 06.00 Uhr wach.

Ich ging zum Frühstücken, verlängerte unser Hotelzimmer um eine weitere Nacht, packte Sachen, gab Yasmins blutigen Kleidungsstücke in eine Wäscherei und fuhr mit einem Uber zurück zum Krankenhaus.

Dort verbrachten wir die Zeit mit Warten auf den Augenarzt und den plastischen Chirurgen, die irgendwann “en la tarde” vorbeikommen sollten, was im Spanischen alles zwischen 12.00 Uhr und 19.00 Uhr bedeuten kann.

Das diese Ungenauigkeit eventuell auch genau so gemeint ist, merkten wir schnell. Bei jeder Nachfrage wurde der Augenarzt später angekündigt, erst auf 14.00 Uhr, dann auf 14.30 Uhr und danach auf 14.50 Uhr. Vorbei kam er schließlich um 15.30 Uhr…

Seine Aussage barg für uns keine Überraschung: Yasmins Auge sei unverletzt, es könne aber sein, dass die Knochen der Orbita – der Augenhöhle – verletzt wären, so dass sicherheitshalber geröntgt werden solle.

Daraufhin sagte uns der Stationsarzt, dass man dies nun gleich erledigen würde, woraufhin er das Zimmer verließ. Anschließend warteten wir zwanzig Minuten im Zimmer, ohne das er wieder auftauchte oder das etwas anderes passierte. Schließlich fragte ich nach, was “nun gleich” heißen würde.

Ich erfuhr, dass dies hieß, dass wir auf einen Techniker warten müssen, der im anderen Gebäude der Klinik war, aber telefonisch nicht erreicht werden konnte. Letztendlich warteten wir erneut zwei Stunden, bis der Techniker endlich verfügbar war, aber wir waren froh, dass es überhaupt klappte…

Aufgrund der bisherigen Erfahrungen mit zugesagten Zeiten waren wir nun langsam auch mehr als leicht besorgt, dass der plastische Chirurg, der erst auf 18.00 Uhr und später dann auf 20.00 Uhr angekündigt war, heute überhaupt nicht mehr kommen würde.

Dementsprechend waren wir total überrascht, als dieser bereits um 18.30 Uhr auftauchte und sich die Wunde anschaute. Leider wollte er Yasmin am Abend nicht mehr operieren, da er meinte, dass der Antibiotika-Spiegel in ihrem Körper noch nicht hoch genug sei.

Wir verstanden das – auch aufgrund der Sprachschwierigkeiten – nicht ganz, denn Yasmin hatte bereits seit letzter Nacht Antibiotika bekommen, aber letztlich einigten wir uns darauf, dass sie am nächsten Morgen um 08.00 Uhr operiert werden sollte.

Mit dieser Nachricht fuhr ich ins Hotel, organisierte dort noch ein paar Dinge und ging anschließend ins Bett.

Tag 4: Operation und Fahrt nach Agua Calientes

Nach einer erholsameren Nacht als am Vortag war ich pünktlich um 07.15 Uhr bei Yasmin im Krankenhaus. Direkt im Anschluss wurde sie für die Operation, die in einem Gebäude in einem anderen Stadtteil stattfinden sollte, umgekleidet und auf eine Fahrtrage gelegt.

Auf dieser ging es im Krankenwagen zu der anderen Klinik, wo die Operation einigermaßen pünktlich begann. Während Yasmin professionell verstümmelt wurde, rief ich meine Eltern an und unterrichtete sie von der aktuellen Situation.

Derweil profitierte Yasmin von ihren Spanischkenntnissen, als sie den Gesprächen zwischen Chirurg und Krankenschwestern zuhörte: “Oh, die Wunde ist ziemlich tief…”, “Oh, man kann den Knochen sehen…”, “Mach mal ein Foto…”

Die OP dauerte fast anderthalb Stunden und anschließend sagte mir der Chirurg, dass es vor allem daran lag, dass er noch Glassplitter in der Wunde gefunden habe. Anschließend wurden Yasmin und ich wieder in das Krankenzimmer in dem anderen Gebäude gefahren, wo wir mal wieder warten durften.

Dies lag an verschiedenen Dingen: Zunächst wollte der Stationsarzt die Entlassungspapiere nicht unterschreiben, da Yasmin seiner Meinung nach – im Gegensatz zur Aussage des Chirurgen – noch für eine unbestimmte Zeit im Krankenhaus bleiben solle. Dann war eine Tetanusimpfung für Yasmin in ganz Cusco am Sonntag nicht aufzutreiben, bis wir in Eigenrecherche herausfanden, dass ihr Impfschutz glücklicherweise noch ausreichend war. Letztlich dauerte es dann noch ewig, bis die Antibiotika, die Yasmin eine Woche lang nehmen soll, aufgetrieben waren.

Nach dem gestrigen Tag, an dem wir über zwölf Stunden fast ausschließlich herum gesessen und die Ärzte und Schwestern auf der Station mit unseren Fragen genervt hatten, war unser Geduldsfaden sehr kurz, so dass wir im Viertelstundentakt nachhakten, warum eigentlich alles so lange dauert…

Schließlich war um zwölf Uhr alles erledigt und wir wurden mit dem Krankenwagen (!) zu unserem Hotel gefahren. Unser Eindruck war, dass alles getan wurde, um unserer Krankenversicherung den höchstmöglichen Betrag in Rechnung stellen zu können, aber vielleicht macht man das hier in Peru auch so.

Im Hotel packten wir schnell unsere Siebensachen neu zusammen, ließen unsere großen Rucksäcke im Zimmer zurück und gingen mit den kleinen Rucksäcken erstmal etwas Essen. Wir waren sehr hungrig, denn in den letzten Tagen hatten wir häufiger auf eine oder zwei Mahlzeiten verzichten müssen und dafür Snacks und Nüsse gegessen.

Anschließend suchten wir vergeblich eine neue Sonnenbrille für Yasmin und gingen dann zur Filiale von IncaRail, von wo wir mit einem Bus nach Ollantaytambo fahren sollten. Typisch Peruanisch fuhr dieser mit einer halben Stunde Verspätung um 16.15 Uhr los.

Dafür verlief die Fahrt aber halbwegs ruhig und wir konnten die Aussicht auf die eindrucksvollen Berge der Cordillera Urubamba genießen, die absolut gewaltig aussahen und in denen sich die Inka-Stadt Machu Picchu versteckt.

Gegen 18.15 Uhr kamen wir im Dunkeln in Ollantaytambo an, von wo unser Zug nach einer anderthalbstündigen Pause in Richtung Aguas Calientes losfuhr. Vor der Abfahrt wurden wir noch von tanzenden Inkas unterhalten, wobei wir nicht genau wussten, ob uns das Zuschauen oder ihnen die Performance peinlicher war.

Mit leichter Verspätung kamen wir um Viertel nach neun in Aguas Calientes an, wo uns ein freundlicher Hotelmitarbeiter bereits am Bahnhof erwartete und zum Hotel brachte. Obwohl es schon spät war, waren auf den Straßen noch viele Touristen und Einheimische unterwegs, die lautstark den Feiertag zugunsten der Jungfrau Carmen feierten.

Auch in unserem Hotelzimmer bekamen wir das noch sehr gut mit, wobei wir aufgrund der Ereignisse der letzten Tage trotzdem fast sofort einschliefen.

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