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23.05.2023: Camino Frances: Kilometer 522 bis 628

Es ist Dienstag. Eigentlich sind es nur noch fünf ganze Etappen plus 10 Kilometer am letzten Tag, dann erreichen wir endlich Santiago de Compostela.

Trotzdem könnte die Stimmung nicht schlechter sein und wir sind wirklich mehr als bereit dafür, dass es nun endlich vorbei ist!

An all den Punkten, die uns hier so gar nicht gefallen, hat sich auch auf den letzten Kilometern erstaunlicherweise nichts geändert, wobei wir mittlerweile so resigniert sind, dass wir es schon oft gar nicht mehr wahrnehmen.

Was allerdings auffällt ist, das der Weg bereits jetzt schon nochmal deutlich voller ist, als noch vor León oder Astorga und auch der Rucksacktransport hat mehr als zugenommen, zumindest sehen wir Pilger mit Rucksäcken mittlerweile nur noch vereinzelt.

Zudem haben wir auf dem Weg nun das Gefühl, dass sich insgesamt noch weniger Mühe gegeben wird, warum auch, es kommen ja trotzdem genug Menschen. Während der Camino zu Beginn wenigstens versuchte nicht immer an der Straße entlangzuführen, ist es damit nun wirklich vorbei. Warum sollten die Pilger, die Autos, die Busse und vor allem die E-Bikefahrer auch nicht alle einfach die bereits vorhandene Straße benutzen?

Zudem steigen mit dem höheren Pilgeraufkommen auch die Preise, insbesondere für Essen. Schade nur, dass die Qualität kein Stück mit steigt. Über 5,- EUR für ein belegten Brötchen, dass so trocken ist, dass wir es ohne Kaffee kaum runter bekommen, ist keine Seltenheit mehr und so verzichten wir mittlerweile immer öfter darauf überhaut an einer Bar anzuhalten. Am Ende ist es die Zeit nämlich leider nicht wert.

Falls Ihr nun von dem Gemecker noch nicht genug habt, gibt es jetzt den Beitrag, der alle Schrecklichkeiten des Weges nochmal in Gänze breittritt. In diesem Sinne: Viel Spaß dabei!

Etappe 22: Astorga bis Foncebadón
26,07 km, 555 m, 13 m, 05:55 Std.

Nachdem wir beide sehr gut geschlafen hatten, wurden wir um bereits um 06.30 Uhr – und damit viel zu früh – von unserem Wecker aus den Träumen gerissen. Wir hatten zwar keine richtig lange Etappe vor uns, mussten aber bereits um 08.00 Uhr aus dem Zimmer auschecken, so dass wir leider nicht viel länger schlafen konnten.

Heute führte uns der Weg zu Beginn erst noch einmal an dem von Gaudí entworfenen Bischofspalast und der Kathedrale entlang, dann mussten wir leider Abschied von Astorga nehmen.

Aus logistischer Sicht lag heute eine ideale Etappe vor uns, denn es gab ausreichend Dörfer, die alle nur etwa fünf Kilometer voneinander entfernt waren. Dies ist einerseits gut, weil die Dörfer den monotonen Pilgeralltag auflockern und andererseits, weil sie auch grundlegendste Bedürfnisse bedienen.

So nutzten wir Murias de Rechivaldo für einen Boxenstopp und zum Klamottenwechsel, in Santa Catalina de Somoza tranken wir einen zweiten Frühstückskaffee und aßen ein paar Riegel und in El Ganso versorgte ich eine kleine Blase, die sich an meiner rechten Ferse abzeichnet.

Nachdem wir auf einigen der letzten Etappen den Eindruck gehabt hatten, dass sich die Menge der Pilger nun ein wenig besser verteilt, wurden es in den letzten Tagen wieder deutlich voller. Dies liegt unter anderem auch daran, dass sowohl León als auch Astorga gerne als Einstiegspunkt genommen werden, da man es von hier in etwa zwei Wochen bis nach Santiago schaffen kann.

Auf die Etappen ab Sarria sind wir schon mehr als gespannt, dort es von dort nur noch etwas über 100 Kilometer bis nach Santiago sind, was die Mindeststrecke ist, um die Compostella zu bekommen. Das ist insbesondere bei Spaniern sehr beliebt, da die Jakobswegsurkunde in Bewerbungsunterlagen, als Beweis für Durchhaltevermögen, gerne gesehen wird.

Seit heute wir das Landschaftsbild übrigens wieder durch sanfte, bewaldete Hügel, welche hier als Berge bezeichnet werden, bestimmt, was mich wieder sehr an den Harz bzw. die Eifel erinnerte. Das ist auf jeden Fall sehr viel besser, als das einwöchige Einführungsseminar in Agrarökonomie und den spanischen Straßenbau, dass wir bis gestern hatten, aber immer noch stark verbesserungswürdig.

Heute ist uns außerdem aufgefallen, dass wir, trotz – oder vielleicht auch wegen – der monotonen Tage, noch immer sehr viel miteinander reden. Einen Großteil des Tages plätschert die Konversation, wie bei zwei alten Tratschtanten, so dahin, wobei wir einige Klassiker haben, die wir immer wieder auspacken.

Dazu gehören auf jeden Fall die Fragen “Wie langweilig/ hässlich ist es hier?”, “Wieso tun sich die Menschen das an?”, “Wieso tun sich die Menschen das mehrmals an?”, “Warum sind die alle so alt?” und “Warum sind hier so viele Südkoreaner?”.

Weitere Evergreens sind Gespräche darüber, was uns alles weh tut, warum die Infrastruktur – sprich Toiletten – so mies ist und die jeweils persönliche Rezension der am gestrigen Abend angeschauten Serienfolge.

Die Gespräche helfen uns auf jeden Fall dabei, die häufig eintönige Umgebung zu ertragen. So auch heute wieder, wo das bewährte Thema “An der Straße entlang” mit einem Wirtschaftsweg und Hochspannungsleitungen ergänzt wurde. Wundervoll!

Kurz vor Rabanal wurde der Weg dann noch etwas steinig und uneben und führte durch einen Wald. Hier hatten Pilger an einem Zaun unzählige Holzkreuze befestigt, was für ein wenig Abwechslung sorgte.

Rabanal del Camino war das letzte Dorf vor unserem Etappenziel Foncebadón. Hier befinden sich viele Herbergen und die meisten Pilger beenden in dem Ort ihren Tag.

Wir setzten uns jedoch nur in ein Café, tranken einen weiteren Cortado bzw. Café con Leche und aßen dazu unser gestern vorbereitetes belegtes Baguette.

So gestärkt begaben wir uns an die letzten fünfeinhalb Kilometer des Weges, die sich durch einen zu bewältigenden Höhenunterschied von etwa 250 Metern auszeichneten.

Auf einem Schild am Ende des Dorfes stand “Welcome to the Mountains”. Wir mussten leicht schmunzeln, denn unserer Meinung nach waren dies bei weitem noch keine Berge.

Der Camino führte, wie üblich, an der Straße entlang und stieg nun auch leicht an. Vom Schwierigkeitsgrad war es aber noch ziemlich weit von allem entfernt, was man so in deutschen Mittelgebirgen erleben kann.

Nach etwas über einer Stunde kamen wir endlich in Foncebadón an, dass sehr gemütlich und aufgeräumt aussah.

Beim Check-In erklärte uns der Wirt außerdem, dass das Abendessen bereits ab 17.00 Uhr serviert wird! Hätten wir nicht die restlichen Etappen schon verplant, wir würden alleine aus diesem Grund noch ein paar Tage hier bleiben.

Wir blieben bis etwa 17.30 Uhr im Zimmer, schrieben den Blogeintrag und versuchten uns ein AirBnB für unsere erste Woche in Chile zu organisieren.

Darüber hinaus wurden wir von unserer Bekannten, die netterweise unser Gepäck aufbewahrt, darauf hingewiesen, dass unser “nettes” Flughafenhotel in Barcelona offenbar auch ein Stundenhotel ist, was uns bei der Buchung nicht bewusst war.

Unseren Entspannungstag vor dem langen Flug nach Santiago de Chile wollten wir nicht in einem Zimmer mit extravielen Spiegeln, Milchglasfenstern und unangenehmer Beschallung aus den Nachbarzimmern verbringen. Insofern waren wir auf der Suche nach Alternativen.

Nach dem leckeren Abendessen gingen wir wieder in unser Zimmer und verbrachten dort den restlichen Abend. Die sozial aktivsten Pilger sind wir definitiv nicht 😉

Etappe 23: Foncebadón bis Ponferrada
28,22 km, 194 m, 1.110 m, 06:09 Std.

Heute hatten wir einen interessanten Tag vor uns, denn einerseits war die Strecke wieder etwas länger als sonst und andererseits stand die Überschreitung der Montes de León auf dem Programm, so dass diese Etappe den zweitgrößten Höhenunterschied auf dem Camino haben wird.

Aus diesem Grund endete unsere Nacht wieder einmal um 06.30 Uhr. Nachdem wir uns fertig gemacht hatten, gingen wir ins Restaurant und erfuhren, dass das Frühstück aus Tostadas – getoastetem Brot – bestehen würde. Diese werden zumeist mit süßer Marmelade gereicht, mit dem Ergebnis, dass man danach fast noch hungriger ist als zuvor.

Wir lehnten dankend ab und machten uns schon einmal mit dem Gedanken vertraut, dass wir erst in 10 Kilometern etwas zu essen bekommen würden. Als wir aus der Tür traten, sahen wir jedoch, dass die Albergue gegenüber auch Frühstück anbot, so dass sich dort auch bereits eine ansehnliche Pilgertraube gebildet hatte.

Wir setzten auf die bewehrte Kombination aus Tortilla mit Cortado und waren gleich sehr viel zufriedener, denn zwei Stunden hungrig zu laufen macht nicht besonders viel Spaß.

Nachdem wir dann schließlich zu zweiten Mal aufbruchsbereit waren, starteten wir in den Tag. Von Foncebadón aus ging der Weg zunächst bergauf, bis wir nach zwei Kilometern das Cruz de Ferro passierten – ein kleines Eisenkreuz auf einem Baumstamm – das mit 1.500 Metern über dem Meeresspiegel den höchsten Punkt des Jakobsweges markiert.

Von hier aus wanderten wir etwa fünf Kilometer in einem fröhlichen auf und ab den Bergrücken entlang und hatten dabei recht schöne Aussichten auf die umliegende Umgebung.

Insofern muss ich mich für meinen leicht sarkastischen Tonfall gestern entschuldigen, denn hier sah es schon mehr wie im Gebirge aus. In der Ferne konnten wir sogar einzelne Fleckchen mit Schnee erkennen.

Was sich leider nicht änderte war, dass wir immer noch recht nah an der Straße gingen und diese auch die meiste Zeit sehen bzw. hören konnten.

Anschließend begann der Abstieg zum nächsten Dorf, der ziemlich steil war, was uns ein wenig überraschte. Wir kamen gut voran, konnten uns aber vorstellen, dass dies für viele Mitpilger sehr anspruchsvoll sein würde.

Als wir in El Acebo der San Miguel angekommen waren, war es für die Mittagspause leider noch etwas zu früh, so dass wir uns nur unsere Klamotten wechselten und anschließend weitergingen. Nichtsdestotrotz gefiel uns das Dörfchen ziemlich gut, weil es wieder etwas authentischer und weniger nach Straßendorf ausschaute. Es gab kleine, nette Bars, die Straßen und Häuser wirkten nicht verlassen und es war irgendwie aufgeräumt.

In den letzten Tagen fiel uns übrigens auf, dass wir immer mehr Pilger und Pilgerinnen sehen, die komplett ohne oder nur mit leichtem Tagesrucksack unterwegs waren, welche sich offensichtlich der Möglichkeit bedienten, das Gepäck transportieren zu lassen.

Bezeichnend dafür war der Balkon einer Herberge, der mit (teilweise gigantischen) Koffern vollgestellt war, die auf den Transport warteten. Selbst mit allem Zeugs, was wir Tag für Tag mitschleppen, könnten wir keinen dieser großen Koffer füllen.

Nach dem Dorf ging es erneut recht steil und steinig weiter und nachdem bis hierher erneut eher viele Pilger unterwegs gewesen waren, wurde es nun deutlich ruhiger. Vermutlich waren viele beim ersten oder zweiten Frühstück in El Acebo hängen geblieben.

In diesem Teilstück wurde der Camino auch nahezu richtig ursprünglich und wirkte fast wie ein einsamer Wanderweg durch die Natur. Ausblenden mussten wir dazu nur die Stromleitungen auf der einen Seite und den Lärm der Motoradfahrer, die regelmäßig auf der – nicht sichtbaren – Straße auf der anderen Seite vorbeidonnerten.

Während ich das erste Mal auf dem Weg die Stille genoss, hatte Yasmin dafür keinen Sinn, denn sie war hungrig und versuchte sich das nächste Dorf herbeizuwünschen. Dazu sagte sie mehrfach und laut “Zeig dich Dorf!”. Überraschenderweise klappte das nicht auf Anhieb, aber wir hatten unseren Spaß.

Nach einiger Zeit kam Molinaseca, das gemäß einem Schild zu den schönsten Dörfern Spaniens zählt, dann aber doch in Sicht. Auch uns gefiel der lebhafte Ort sehr gut und wir hätten uns gut vorstellen können hier einen weiteren Tag zu verbringen.

In einem süßen Laden kauften wir uns Bocadillos mit Tomate, Käse, Schinken und Olivenöl, die dafür sorgten, dass nun auch Yasmin wieder zufrieden war.

Die fast acht Kilometer danach waren leider wieder zum Vergessen. Wir gingen auf dem Gehsteig neben einer befahrenen Straße entlang, bis wir in einem Vorort von Ponferrada einen “Caminoschlenker” einlegten. Damit bezeichnen wir absolut unsinnige Wegführungen des Caminos, die – statt uns direkt in die nächste Ortschaft zu bringen – aus unersichtlichen Gründen erst noch einmal einen riesigen Bogen machen lassen und uns damit auch mehr Strecke bescheren..

Nach über 1.000 Höhenmeter Abstieg machte uns das verständlicherweise nicht froh. Wie bei jedem Caminoschlenker fragten wir uns, welchen positiven Aspekt es für unser Pilgerleben haben sollte, dass wir durch ein weiteres verlassenes und trostlos wirkendes Dorf geführt werden.

Endlich kamen wir in Ponferrada an, dass mit fast 65.000 Einwohnern zwar nicht riesig, aber eben auch nicht klein war. Wir gingen an der großen Burg vorbei, waren aber im Kopf schon in unserem Hotelzimmer, so dass wir keine Lust auf Sightseeing hatten.

Nach einer gefühlten Ewigkeit kamen wir dann endlich an und checkten ein. Auf unsere Frage, wann Restaurants in der Gegend aufmachen würden, antwortete uns der Rezeptionist, dass es seines Wissens keine gäbe, die vor 20.00 Uhr öffneten, wir aber auch eine Pizza bestellen könnten.

Dies taten wir dann auch tatsächlich: Bei Dominos bestellten wir uns eine Pizza auf 17.30 Uhr, die mit nur leichter Verspätung ans Hotel geliefert wurde. Bereits um die Uhrzeit waren wir total ausgehungert, nicht vorstellbar wie wir die Zeit bis 20.00 Uhr hätten überleben sollen 😉

Etappe 24: Ponferrada bis Villafranca del Bierzo
24,08 km, 209 m, 236 m, 05:20 Std.

Da heute mit 24 Kilometern ein relativ kurzer Tag anstand, schliefen wir bis 06.45 Uhr und kamen nach dem Frühstück im Hotel erst um 08.45 Uhr los. Ponferrada hatten wir schnell hinter uns gelassen und bereits nach gefühlt kurzer Zeit erreichten wir das fünf Kilometer entfernte Columbrianos, das wir ebenso schnell hinter uns ließen, wie die beiden folgenden Dörfer Fuentesnuevas und Camponaraya.

Diese hinterließen bei uns keinen bleibenden Eindruck, abgesehen davon, dass wir nach den netten Bergdörfern gestern, heute schon wieder bei den verlassenen und trostlosen Dörfern angekommen waren.

Der Weg verlief passend dazu auf einer Landstraße, wo wir immer wieder dem Autoverkehr Platz machen mussten. Irgendwie wiederholen wir uns bei diesem Thema ständig, aber es fällt uns auch wirklich jeden Tag mehrfach negativ auf.

Für ein wenig positive Abwechslung sorgte der Weizen, welcher mittlerweile in goldenem Gelb erstrahlt und mit roten Mohnblumen verziert war.

An die fast sechs Kilometer bis nach Cacabelos konnten wir uns im Nachhinein nicht mehr erinnern, insofern scheint nichts Weltbewegendes passiert zu sein.

Gegen 11.30 Uhr hatten wir die 15,5 Kilometer bis nach Cacabelos dann berits hinter uns gebracht. Obwohl es noch relativ früh war, gönnten wir uns hier Bocadillos und Kaffee, denn wir vermuteten, dass es in den folgenden Dörfern mal wieder nichts geben würde.

Danach mussten wir nur noch knapp neun Kilometer bis nach Villafranca del Bierzo gehen, aber die hatten es in sich. Zunächst durften wir über zwei Kilometer auf dem gerölligen Seitenstreifen einer viel befahrenen Straße gehen. Das die Temperatur mittlerweile bei über 25 Grad lag, machte es natürlich nicht besser.

Anschließend führte der Weg durch Weinberge, die eigentlich sehr schön aussahen. Alleine die vielen Hochspannungsleitungen störten den sehr idyllischen Eindruck…

Nachdem wir uns die Tage davor immer darüber beschwert hatten, dass wir keine Aussicht hatten, waren wir nun unzufrieden damit, dass der Weg immer wieder auf und ab ging und wir – gefühlt sinnlos – auf die letzten Kilometer der Etappe viele Höhenmeter gehen mussten.

Wir merkten, dass der Camino nichts mehr tun kann, um den negativen Eindruck auszubessern, den wir mittlerweile von ihm haben. Das ist vielleicht etwas unfair, aber nach fast 500 Kilometern dürfen wir das unserer Meinung nach auch sein.

Nach einer gefühlten Ewigkeit erreichten wir endlich Villafranca del Bierzo, wo unser Hostal bereits auf uns wartete. Leider lag es etwas außerhalb, weswegen wir die Innenstadt nicht mehr sahen. Prinzipiell war das auch nicht schlimm, da wir dafür sowieso nicht mehr aufnahmefähig waren.

Im Hostal angekommen, ließen wir endlich mal wieder unsere Kleidung in einer Waschmaschine waschen, duschten uns und erledigten Organisatorisches für unser nächstes Reiseziel.

Das Abendessen erwies sich dann mal wieder als problematisch, denn das einzige Restaurant, dass sich in einer annehmbaren fußläufigen Entfernung befand, öffnete laut unserem Hotelier erst um 19.00 Uhr. Also harrten wir aus und hungerten, bis wir uns um kurz vor sieben endlich auf den Weg machen konnten.

Am Restaurant angekommen, wurden wir überrascht, denn ein Schild besagte, dass es erst ab 19.30 Uhr Essen gäbe. Das brachte das Camino-Fass zum Überlaufen, denn hätten wir das gewusst, hätten wir niemals so lange gewartet. 19.00 Uhr war schon absolut grenzwertig, eine halbe Stunde mehr wollten wir nicht warten.

So gingen wir in den nahegelegenen Laden und kaufen uns dort – mal wieder – Brot, Schinken, Käse, Aioli und Donuts zum Nachtisch. In unserem Zimmer verarbeiteten wir die Zutaten – abgesehen von den Donuts – zu zwei Bocadillos.

Absolut unzufrieden gingen wir ins Bett und schauten noch eine Serie.

Etappe 25: Villafranca del Bierzo bis O Cebreiro
27,83 km, 828 m, 32 m, 06:01 Std.

Gestern hatten wir festgestellt, dass längeres Schlafen die geringe Motivation die wir noch haben, nicht steigert, sondern sogar noch senkt. Der Wecker klingelte also um 06.15 Uhr, woraufhin wir uns lustlos fertig machten und los gingen.

Die vom Hotelier empfohlene Frühstücksbar war sehr gut bestückt – mit Alkoholika und Süßkram. Für uns war nichts dabei, so dass wir den Weg ohne Frühstück begannen.

Die heutige Strecke wird auf einer bekannten, spanischen Camino-Seite als “Königsetappe” mit 5 von 5 Panorama-Sternen bezeichnet wird. Unsere Erwartungen waren also eher niedrig…

Und wir wurden nicht enttäuscht, denn der Weg führte uns, wie schon so häufig, auf einem Gehsteig direkt neben der Hauptstraße entlang. Besonders pittoresk war das nicht, aber vielleicht sollten wir doch noch überrascht werden.

Und ja, wir wurden überrascht, aber leider nicht positiv. Denn zu der Straße kam nach einiger Zeit auch noch eine Autobahnbrücke hinzu, die durch das Tal gebaut wurde, durch die auch unser “Weg” führte.

Um den Charme abzurunden, verlief der Camino übrigens hinter einer hüfthohen Betonmauer, die uns offensichtlich vor dem Verkehr schützen sollte. Die fünf Sterne waren auf jeden Fall angebracht…

Das erste Dorf, dass wir nach 5,1 Kilometern erreichten, war verlassen, was erstmal erklärt, dass wir vor einigen Tagen niemand in der hiesigen Herberge erreichen konnten, als wir die letzten Etappen geplant hatten. Das hieß aber auch, dass wir hier kein Frühstück bekommen würden.

Dementsprechend gingen wir noch einmal knapp fünf Kilometer bis Trabadelo, wo tatsächlich ein Café geöffnet war. Da dieses jedoch von Pilgern belagert war und wir keine Lust hatten, für – vermutlich unterdurchschnittliches – Essen 20 Minuten zu warten, pilgerten wir weiter.

Anschließend folgte eine Reihe von unscheinbaren Dörfern, die es alle nicht schafften, einen bleibenden bzw. überhaupt einen Eindruck zu hinterlassen.

Der aufmerksame Leser hat eventuell bereits mitbekommen, dass wir von der Etappe bisher nicht vollends überzeug waren. Der Camino schaffte es aber tatsächlich den Eindruck nochmals zu toppen bzw. zu “bottomen”, denn schon bald liefen wir auf einer alten Dorfstraße und hatten sowohl die Schnellstraße als auch die Autobahnbrücke im Blick. Naturbelassener geht wirklich nicht…

Irgendwann nach fast 19 Kilometern setzen wir uns in Ruitelán in ein Café und aßen dort Tortilla und Empanada, wobei beides nicht erwähnenswert war. Wenigstens der Kaffee war lecker, wobei wir diesen, der Kalorien wegen, mittlerweile auch extrasüß trinken.

Hier entfernten wir uns nun auch endlich von Autobahn und Schnellstraße und die Landschaft wurde netter.

Nach dem nächsten Dorf, Las Herrerías, begann der Weg anzusteigen und von der Straße auf einen Waldweg zu wechseln. Die Aussicht wurde dadurch nicht besser, aber wir sahen auf diesem Teilstück viel weniger Pilger.

Da uns kurz hinter dem Dorf allerdings sehr viele Sammeltaxis entgegen gekommen waren bzw. uns überholte hatten vermuteten wir, dass sich einige viele den anstrengenden Part gespart hatten und lieber per Taxi auf den Berg gebracht wurden.

Nach dreieinhalb Kilometer recht steilem Aufstieg kamen wir beim Dorf La Faba heraus und dahinter begannen die Aussichten sehenswerter zu werden, was für die nächsten fast fünf Kilometer auch so bleiben sollte.

Wir waren natürlich absolut begeistert darüber, dass wir nach nur 624 Kilometern Wegstrecke schöne Panoramen zu sehen bekamen. Das hat sich wirklich gelohnt!

Hier überschritten wir dann übrigens auch die Grenze zwischen Castilla y Leon und Galicia, was im Rahmen des Jakobswegs unsere letzte spanische Region sein wird.

Bald waren wir dann auch in O Cebreiro angekommen, was das Endziel der Etappe darstellte. Das Dorf wirkte ziemlich künstlich, so als wäre es nur für Pilger erbaut worden und wir vermuteten, dass es keine richtigen Einwohner mehr besitzt.

Wir hätten hier trotzdem gerne übernachtet, aber bereits vor anderthalb Wochen waren hier und in den angrenzenden Dörfern alle Plätze restlos ausgebucht. Wir hatten wirklich alle Pensionen des ortes und in der Umgebung abtelefoniert, jedoch kein Glück gehabt.

Das nächste freie Zimmer gab es erst wieder im acht Kilometer entfernen Padornelo, welches glücklicherweise mit dem Bus erreichbar war. Da dieser jedoch erst um 15.20 Uhr fahren würde, mussten wir nun noch fast zwei Stunden warten.

Da die Rückfahrt am nächsten Tag mit dem Bus nicht sinnvoll möglich war – der einzige Bus fuhr erst am frühen Abend zurück – würden wir diesmal nicht zurückfahren und daher die acht Kilometer schwänzen. Wie wir während der Busfahrt feststellten, war dies allerdings auch kein großer Verlust, da der Weg gänzlich an der Straße entlang geführt hätte.

Die Pension war schon in die Jahre gekommen und die Zimmer waren sehr kalt. Für die Heizung schien es nicht mehr die passende Jahreszeit zu sein.

Das Abendessen war sehr deftig und machte satt, jedoch war das Fleisch des Hauptganges von Fettstreifen durchzogen, so dass Yasmin ihres fast nicht aß. Wenigstens gab es, wie so häufig, eine Flasche Rotwein dazu, was die Stimmung hob.

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