Obwohl der Name oft anderes vermuten lässt, ist der Golden Circle keine feste Route, sondern nur der – in einer Werbeagentur entstandene – Name für die drei größten Attraktionen nordöstlich von Reykjavík, nämlich dem Þingvellir Nationalpark, dem Geothermalgebiet Haukadalur und dem Wasserfall Gullfoss.
Die Gründe für die große Popularität der einzelnen Ziele sind ganz unterschiedlich, eine nicht zu unterschätzende Tatsache ist jedoch, dass sie alle in der Nähe der Hauptstadt liegen und damit innerhalb eines Tages von Reykjavík aus erkundet werden können.
Inhalt
Strecke
Klassischerweise beginnt die rund 230 Kilometer lange Rundtour des Golden Circle, insbesondere für diejenigen, die sie im Rahmen einer geführten Bustour unternehmen, in Reykjavík. Von dort geht es über Þingvellir und das Geothermalgebiet Haukadalur zum Gulfoss und von dort – ggf. noch mit einem Stopp am Kerið-Krater – zurück in die Hauptstadt.
Dadurch, dass die Tour in dieser Variante problemlos an einem Tag zu schaffen ist und so auch von einer Vielzahl von (Bus-)Anbietern bedient wird, sind die drei Ziele jedoch häufig hoffnungslos überlaufen und dass, obwohl es unserer Meinung nach, zahlreiche, deutlich eindrucksvollere Sehenswürdigkeiten auf Island gibt.
Wir selbst den Golden Circle nicht im Rahmen eines Loops abgefahren, sondern wir sind von Selfoss gekommen und über die Sehenswürdigkeiten nach Reykjavík gefahren. Den Abstecher zum Kerið Krater haben wir bereits am Vorabend erledigt.
Kerið Krater
Rund 15 Minuten von dem Ort Selfoss entfernt, liegt der Kratersee Kerið, welcher der östlichste von fünf Kratern der Kraterreihe Tjarnarhólar ist.
Der mit Wasser gefüllte Krater ist mehr als 55 Meter tief und hat eine Größe von circa 270 x 170 Meter. Eine Umrundung auf dem Kraterrand dauert rund 30 Minuten.
Der Kerið wird oft als wahres Farbwunder beworben, die entsprechenden Fotos sind jedoch reichlich nachbearbeitet. Richtig ist zwar, dass – bei richtigem Wetter – der azurblaue See einen hübschen Kontrast zu der brau-rot-grünen Umgebung bildet, wir können uns aber nur schwer vorstellen, dass er jemals so aussieht, wie auf den Fotos, mit denen er angepriesen wird.
Der Kerið ist übrigens eine der wenigen Sehenswürdigkeiten, die Eintritt kosten. 400 ISK p.P. werden hier fällig.
Urriðafoss
Der Urriðafoss ist zwar “nur” 40 Meter breit und 6 Meter hoch, trotzdem ist er der wasserreichste Wasserfall Islands. Außerdem ist der Fluss Þjórsá, der hier am Wasserfall in der Mitte durch riesige Felsen geteilt wird, mit 230 Metern auch der breiteste Fluss der Insel.
Trotz dieser Superlativen und obwohl der Wasserfall fast an der Ringstraße liegt, verirren sich hierher kaum Touristen, so dass der Urriðafoss – zu Recht – noch als Geheimtipp bezeichnet werden kann.
Vom Parkplatz sind es nur wenige Meter bis zum Aussichtspunkt, der Zeitbedarf liegt bei rund 15 Minuten. Ein Stopp am Urriðafoss passt daher nahezu in jeden Zeitplan.
Skálholt
Vom Urriðafoss geht es für uns weiter zum Gutshof Skálholt, auf dem sich neben einer ehemaligen Schule und einigen Nebengebäuden auch die riesige Kirche Skálholtsdómkirkja befindet.
Die Touristen kommen wegen der Kirche, aber auch, weil Skálholt der erste Bischofsitz Islands war und damit für die Insel ein geschichtsträchtiger Ort ist.
Haukadalur
Eine der top Attraktionen des Golden Circles ist das Geothermalgebiet Haukadalur, in dem Ihr neben Geysiren auch diverse Schlammtöpfe, Spring- und Heißwasserquellen findet.
Berühmt ist das Gebiet insbesondere aufgrund des Geysirs Strokkur, der – im Gegensatz zu seinem Nachbarn dem Großen Geysir – mit schöner Regelmäßigkeit circa alle 10 Minuten seine 25 bis 30 Meter hohe Wasserfontäne in die Luft schießt. Zwar passiert das Schauspiel teilweise bis zu dreimal kurz hintereinander, trotzdem ist es jedes Mal ziemlich schnell auch wieder vorbei und es heißt auf den nächsten Ausbruch warten.
Fast neben Strokkur findet Ihr dann noch den Großen Geysir. Einst schoss dieser einmal pro Stunde eine 60 Meter hohe Wasser- und Dampffontäne in die Luft, 1915 stellte er seine Aktivität jedoch ein. Der Große Geysir ist trotzdem immer noch etwas besonders, denn tatsächlich ist der Namensgeber für alle anderen Geysire auf der Welt.
Gulfoss
Der Gulfoss ist – wohl auch aufgrund seiner Zugehörigkeit zum Golden Circle – einer der bekanntesten Wasserfälle in Island. Insgesamt rund 30 Meter stürzt das Wasser des Flusses Hvítá hier über zwei Kaskaden zwischen den bis zu 70 Meter hohen Wänden des Gullfossgjúfur Canyons in die Tiefe.
Von zwei Aussichtsplattformen, eine oben in der Nähe des Restaurants/ Souvenirshops und eine unten, könnt Ihr näher an den gigantischen Wasserfall herangehen.
Sicherlich gehört der Gulfoss eher zu den imposanteren Wasserfällen Islands, aber – unseres Erachtens – gibt es auf Island einige deutlich schönere Wasserfälle, so z.B. Detti- und Selfoss oder Skógafoss.
Brúarfoss
Es ist wirklich unglaublich wie viele falsche bzw. nicht mehr aktuelle Beschreibungen es über die Wanderung zum Brúarfoss im Internet und sogar in unserem Reiseführer gibt.
Teilweise wird behauptet, dass der Weg sei so schlecht ist, dass man ihn kaum gehen und finden könne bzw. die meiste Zeit durch knietiefes Wasser wate. Andere meinen, der Weg sei mittlerweile gesperrt, da er über Privatbesitz führe. Zusätzlich hält sich hartnäckig das Gerücht, dass man zu dem Hlauptungufoss, einen der Wasserfälle auf dem Weg, überhaupt nicht mehr käme.
All das stimmt nicht (mehr)!
Im Jahr 2021 gibt es für die Wanderung einen offiziellen Parkplatz an der Straße 37. Von dort sind es circa 3,1 Kilometer one-way bis zum wunderschönen Brúarfoss.
Der Weg ist am Anfang ein sehr gut ausgebauter Schotterweg. Anschließend folgt ein Stück, dass bei uns zwar ein wenig matschig, aber trotzdem gut zu gehen war. Hier kann es – gerade nach anhaltenden Regenfällen – sicherlich auch mal ziemlich schlammig werden, was aber kein Problem sein sollte, wenn Ihr dreckige Schuhe in Kauf nehmt.
Der Weg führt Euch geradewegs und ausgeschildert zum Hlauptungufoss, wo sogar eine Bank zum Picknicken bereit steht.
Danach geht es über einen schmalen, aber gut erkennbaren Weg am Fluß entlang. Dabei passiert Ihr zunächst noch den Miðfoss, bevor Ihr nach insgesamt rund 45 Minuten den Brúarfoss erreicht. Anschließend geht es über den bekannten Weg zurück zum Parkplatz.
Der Zeitbedarf für die Tour (reine Gehzeit) liegt insgesamt bei rund 1,5 Stunden.
Þingvellir
In Þingvellir wird es nicht nur geologisch, sondern auch geschichtlich richtig interessant. Zum einen verläuft durch den Nationalpark, der zugleich auch eine UNESCO-Welterbestätte ist, die Grabenbruchzone der tektonischen Platten Nordamerikas und Eurasiens und zum anderen wurde in Þingvellir 930 nach unserer Zeitrechnung das erste demokratisch gewählte Parlament der Welt ins Leben gerufen.
Kurze Zeit später, im Jahre 1.000, wurde hier dann außerdem die Annahme des Christentums beschlossen und schließlich am 17. Juni 1944 die Republik Island ausgerufen.
Im Park gibt es fünf Parkplätze, die alle entlang des Hauptweges liegen, von dem Ihr nahezu alle wichtigen Punkte des Parks erreicht. Je nachdem wie viel Zeit Ihr habt, könnt Ihr entweder den Weg einmal komplett bis zum Ende und wieder zurück laufen oder Ihr wählt einfach einen Parkplatz in der Nähe des Punktes, den Ihr gerne besichtigen möchtet und kürzt so den Fußweg ab.
Das Parken kostet einmalig 750 ISK, dafür könnt Ihr dann aber auch den ganzen Tag alle Parkplätze nach Belieben benutzen. Am Parkplatz 1 findet Ihr außerdem ein kleines Infocenter mit Restaurant und Souvenirshop.
Þingvallavatn See
Direkt am Parkplatz 1 findet Ihr eine der Aussichtsplattformen auf den Þingvallavatn, den zweitgrößten Binnensee Islands. Er entstand am Ende der letzten Eiszeit und war – bis sich die Gletscher schließlich zurückzogen – zunächst ein Gletschersee.
Der See liegt inmitten der Grabenbruchzone im sogenannten Þingvellir-Graben und ist umgeben von vier aktiven Vulkansystemen, durch die das heutige Landschaftsbild entstanden ist.
Almannagjá
Von der Aussichtsplattform führt Euch dann ein asphaltierter Wanderweg durch die Almannagjá Spalte, die durch das Auseinanderdriften der amerikanischen und eurasischen tektonischen Platten entstanden ist. Þingvellir ist eine der wenigen Orte auf der Welt, an denen Ihr diesen Prozess an Land sehen könnt.
Die Platten bewegen sich übrigens immer noch auseinander. In den letzten 10.000 Jahren ist das Land circa 70 Meter auseinandergedriftet, derzeit sind es rund 2 cm pro Jahr .
Þingvallakirkja
Die Þingvallakirkja gibt es bereits seit der Einführung des Christentum, allerdings wurde sie seitdem mehrfach neu aufgebaut. Die heutige Kirche ist aus dem Jahre 1859 und kann täglich von 09.00 Uhr bis 17.00 Uhr auch von innen besichtigt werden.
Öxarárfoss
Der Hauptweg führt Euch anschließend am geschichtsträchtigen Versammlungsplatz mit Islandflagge vorbei weiter zum Öxarárfoss, wo der Fluss Öxará, der durch den Þingvellir Nationalpark hindurch fließt, malerisch in die Almannagjá Spalte stürzt.
Silfra Spalte
Im Nationalpark gibt es neben der Almannagjá Spalte noch diverse weitere Spalten, wobei eine der bekanntere die Silfra Spalte ist. Sie verbreitert sich jährlich um rund 7 mm und mündet südöstlich der Kirche in der See.
Da sie von dem Gletscher Langjökull gespeist wird, dessen Schmelzwasser einen langen Weg hinter sich hat, bevor es hier rein und gefiltert wieder zum Vorschein kommt, begeistert die Silfra Spalte durch ihr glasklares Wasser und ist vor allem bei Tauchern sehr beliebt.
Als reiner Spaziergänger gibt es hier allerdings nicht viel besonderes zu sehen.
Reykjavík
Für uns geht es – wie für die meisten Tagesausflügler auch – am Ende des Tages nach Reykjavík. Wir selbst haben dort allerdings keine Stadttour gemacht, sondern haben am nächsten Tag auf unserem Weg auf die Halbinsel Reykjanes nur einen kurzen Stopp an der Hallgrímskirkja gemacht.
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Eigentlich gelten die Sehenswürdigkeiten entlang des Golden Circles als die größten Highlights auf Island. Ehrlicherweise können wir das so allerdings nicht bestätigen.
Sicherlich ist der Gullfoss ein eindrucksvoller Wasserfall, aber andere Wasserfälle auf Island, wie zum Beispiel der Dettifoss, der Selfoss oder der Skógafoss, haben uns persönlich deutlich besser gefallen. Und auch der Þingvellir Nationalpark ist nett, aber wir waren von anderen Stopps deutlich beeindruckter. Hinsichtlich Haukadalur zählt unsere Meinung nicht, da wir vor zwei Jahren in Yellowstone waren und hinsichtlich Geothermalgebieten und Geysiren schon deutlich eindrucksvolleres gesehen haben.
Zusammenfassend können wir Euch nur ein empfehlen Euch bei einem Besuch auf Island nicht auf die Gegend rund um Reykjavík zu beschränken. Die Stopps entlang des Golden Circles sind schön, aber sicherlich haben sie ihre Berühmtheit auch ihrer Nähe zur Hauptstadt zu verdanken. Weitet Euren Radius lieber aus, Ihr werdet dann nicht nur auf andere Naturwunder, sondern auch auf deutlich weniger Touristen treffen.
Eine Beispiel für eine Rundreise auf Island findet Ihr in unserem Beitrag 12 Tage in Island – Ein Routenbeispiel, von dort kommt Ihr auch in die weiteren Beiträge.
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